Der 450 Jahrestag des St. Augustins im Jahr 2000 war Anlass, die beiden „Schulheiligen“ als Kopien im Innenhof der Schule wieder aufzustellen. Der rege „Augustiner-Verein e.V.“ initiierte das Vorhaben. Doch wer sind die Herren? Zum einen Kurfürst Moritz von Sachsen (1521-1553). Er wird als wohl bedeutendster Wettiner geschätzt, der die nötige Intelligenz des Landes selbst heranbildete und die einzigartigen Landesschulen einrichten ließ. Ihm gegenüber König Albert von Sachsen (1828 – 1902). Als 1891 der Neubau der Fürstenschule eingeweiht wurde, fuhr der König persönlich durch das Portal. Er war der einzige unter den hiesigen Monarchen, der sich militärisch ausgezeichnet hat. Eine neue Zeit beginnt oft ihre Herrschaft damit, dass sie die Denkmäler der jüngsten Vergangenheit beseitigt, bestenfalls sich eigene schafft. So wurden die fast lebensgroßen Figuren 1950 auf dem Hof des Museums vergraben, aber nicht zerschlagen! Nach einigen Jahrzehnten wurde Moritz ausgegraben. Die Kalksteinfigur nahm durch die Umwelteinflüsse Schaden. Kopflos wurde der König am 2.8.1997 „exhumiert“ und zum Kopieren präpariert. Die Arbeiten führte der Altenhainer Bildhauer Dirk Brüggemann sehr solide aus, nachdem er nach Vorlagen einen Gipskopf modelliert und die Fehlstellen mit Gips ergänzt hatte. Die originalen Torsi wurden im Vestibül des Gymnasiums St Augustin geschützt aufgestellt. Dem regen Schulförderverein gelang es, die beträchtliche Summe zur Restaurierung der Originale zu beschaffen! Die dazu nötige Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalbehörde bestand längst. Die Diplom-Restauratorin Birgit Mühler machte mehr als eine Arbeit daraus: sechs Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums unterstützten sie, zwei von ihnen schrieben eine Facharbeit über die Restauration. Zwischen beiden Bildhauerarbeiten bestehen unübersehbare Unterschiede, wie sie auch einander äußerlich ähneln, denn der König hatte 40 Jahre lang in der Erde geruht. Zunächst wurden beide genau analysiert, die Schäden kartiert, dann die Oberflächen gereinigt und gefestigt. Für maßvolle Ergänzungen musste ein passender „Mörtel“ gefunden und so aufgetragen werden, dass er sich dem Gestein anglich, Fachleute ihn aber vom originalen Gestein unterscheiden können. Es durfte am Ende „kein neues Original entstehen“. Dazu ist neben handwerklichem Können und Erfahrungen auch viel Chemie nötig. Das weiche, sehr gleichmäßige Kalkgestein wird in den lothringischen Brüchen von Savonniere in großen Mengen abgebaut und gern für Bildhauerarbeiten benutzt. Birgit Mühler fiel auf, dass eine der Grimmaer Moritz-Figur sehr ähnliche in der Leipziger Universitätsbibliothek steht. Sie klärte den Zusammenhang: auf beiden Baustellen wirkte der Landesbaumeister Carl Hugo Nauck. Er arbeitete mit dem bekannten Bildhauer „Melchior zur Strassen“ zusammen, der die Figur des Kurfürsten in der Bibliothek schuf. So liegt der Gedanke nahe, dass auch der Grimmaer Moritz von ihm stammt. Als Schöpfer des Königs scheidet der Künstler aus, denn der hoch dekorierte posiert veräußerlicht. Natürlich geht das über den eigentlichen Auftrag weit hinaus und betrifft die Kunstgeschichte. Frau Mühler leistet mehr und regt an. Über die Arbeit verfasste sie einen umfangreichen Bericht mit einer umfassenden fotografischen Dokumentation, in der alle Arbeitsschritte deutlich und anschaulich begründet beschrieben worden sind.
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Albert und Moritz: Zwei restaurierte Figuren
Albert und Moritz: Zwei restaurierte Figuren
Von Rudolf Priemer.
Gebäude, Institutionen, sonstige Einrichtungen
- Gymnasium St. Augustin, Klosterstraße 1, 04668 Grimma
Vereine
- Augustiner-Verein e.V, Klosterstraße 1, 04668 Grimma
- Geschichts- und Altertumsverein zu Grimma e.V., Leipziger Straße 5, 04668 Grimma
Meldung vom 29.01.2020Letzte Aktualisierung: 30.01.2020